San Giovanni in Valle
Bildhauerische Fragmente in der Ausstattung der Kirche
Der Großteil der als Kirchenausstattung genutzten bildhauerischen Fragmente, die bis vor nicht allzu langer Zeit zur sogenannten Sammlung des Tempels zählten, gehören zur Kirche San Giovanni. Diese befinden sich nun im Kloster sowie im Archäologischen Museum und im Christlichen Museum, werden aber in naher Zukunft im noch zu errichtenden Museum des Klosters und des Tempels zusammengeführt werden.
Folgende Werke können ziemlich eindeutig in eine frühe Phase der Kirche San Giovanni, vielleicht sogar in die Ursprungsphase eingeordnet werden: eine vermutliche Lünette und ein Architrav, die im 18. Jh. in der Fassade des Gebäudes eingemauert waren. Ihre Ausführung erinnert eher an den Stil der spätbyzantinischen Epoche als an jenen des Hochmittelalters. Diese Werke sind somit in die Zeit zwischen dem späten 6. und vielleicht dem Beginn des 7. Jh.s einzuordnen.
Trotz einiger stilistischer Unterschiede – die Lünette erscheint ausgeglichener und eleganter – könnten sie seit Beginn zu einer einheitlichen Verzierung einer der Eingangstüren der Kirche gehört haben.
Eine Ausschmückung der Kirche in der ersten Hälfte des 8. Jh.s ist durch eine kostbare Platte belegt, auf der mehrere Lämmer mit Kreuzfahne und andere Tiere vor dem Catharos dargestellt sind.
Dabei werden Motive aus der frühchristlichen Tradition aufgegriffen, die aber bereits stilistisch neu ausgelegt wurden. Diese Platte ist ein Beispiel für die bildhauerisch bedeutsame und reichhaltige Phase, die Cividale unter der Herrschaft des Herzogs Pemone und des Patriarchen Callisto durchlebte. Werke aus dieser Zeit behaupteten sich aufgrund ihrer Qualität im Rahmen der sogenannten liutprandischen Renaissance und stellten eine treibende künstlerische Kraft dar.
Eine umfassendere Umgestaltung der Ausstattung des Presbyteriums, wobei große Platten mit Blumendekorationen in Module eingesetzt wurden, geht hingegen auf einen späteren Zeitpunkt, wahrscheinlich auf die Mitte des 8. Jh.s, vielleicht sogar auf den Beginn des dreißig Jahre währenden Patriarchats des Sigvald (756-787) zurück. Dabei handelt es sich um eine an Ereignissen und Einflüssen reiche Zeit, in der eine Vielfalt von Stilen zum Ausdruck kam und in der Stuckaturen und Ziegel im Tempel mit einer plastischen Dekoration versehen wurden.
Andere Elemente aus der Kirche San Giovanni und aus dem Kloster im Allgemeinen veranschaulichen die spätesten Entwicklungen des bildhauerischen Stils in der spätlangobardischen Zeit. Ein Beispiel dafür sind die beim sogenannten Grab der Piltrude wiederverwendeten Platten, die im Tempel zu sehen sind, oder auch eine Reihe von anderen Elementen, insbesondere Platten und Tympana. Charakteristisch sind die häufige Verwendung von Pflanzentrieben mit durch Nahtbänder geschlossenen Voluten mit zwei oder drei Löchlein, die Verzierung mit gegenübergestellten und untereinander verbundenen S-Reihen und die weitaus schematisiertere Darstellung von Tieren sowie ein flacheres Relief im Vergleich zur vorherigen Zeit.
Von besonderem Interesse sind außerdem zwei große Kapitelle korinthischer Nachahmung, welche zu einem Säulengang mit struktureller Funktion gehörten. Eine dieser Säulen aus dem Archäologischen Museum kann offensichtlich den Kapitellen der Pergola und des Presbyteriums des Tempels zugeordnet werden, selbst wenn deren Bearbeitung oberflächlicher und ungenauer erscheint.
Während der letzten, durch bildhauerische Ausstattung belegten Umgestaltungsphase der Kirche San Giovanni in karolingischer Zeit wurde die Einfriedung des Presbyteriums neu erbaut.
NEUBAU DER EINFRIEDUNG DES PRESBYTERIUMS IN KAROLINGISCHER ZEIT
Gegen Ende des 8. Jh.s fand eine allgemeine und tiefgreifende Veränderung der Modelle und Muster bei der Dekoration der Kirchenausstattungen statt. Der kräftige Erneuerungsschub, der sich in der karolingischen Welt bereits in den ersten Jahrzehnten der Herrschaft Karls des Großen bemerkbar machte, wirkte sich durch die Einführung neuer Maßstäbe rasch auch auf die Bildhauerkunst aus.
Diese Entwicklung ist in Cividale wahrscheinlich ab dem Patriarchat von Paolino (787-802) in der karolingischen Frühzeit sichtbar. Dabei fand eine tiefgreifende interne Umgestaltung der Ausstattungen sowohl im Bischofskomplex als auch in der Kirche San Giovanni in Valle statt.
Einige bildhauerische Fragmente aus dem Kloster sind ein eindeutiger Beleg für die Ausschmückung der Kirche in jener Zeit.
Dabei geht es insbesondere um einige Chorschranken und kleine Pfeiler mit der typischen Dekoration aus gewundenen Geflechten aus drei Weidenruten, zwischen denen zuweilen Tiere hervortreten. Ausgehend davon können Vermutungen über die Gestaltung der Stirnseite des Presbyteriums der Kirche San Giovanni in Valle in der karolingischen Zeit angestellt werden.