San Giovanni in Valle
Ein möglicher Taufraum
Während der ersten Phase der Aufwertungsarbeiten am Klosterkomplex im Laufe des Jahres 2008, die eine bessere Nutzung des Langobardischen Tempels und des Kreuzgangs zum Ziel hatten, wurden an verschiedenen Stellen des Komplexes archäologische Nachforschungen vorgenommen. Auch im Gebiet zwischen der Südmauer des Tempels und der Apsis der Kirche San Giovanni wurde eine Untersuchung vorgenommen, wobei wichtige Informationen über die Besiedlung des Gebiets der Gastaldaga sowie über die Organisation der Kultstätten gesammelt werden konnten.
Durch die Ausgrabungen konnte eine erste Nutzungsphase ausgemacht werden, die durch die Reste von mit Mosaiken bedeckten Räumlichkeiten belegt ist, wobei erste Spuren bereits bei den Grabungen im Rahmen der Restaurierungsarbeiten im Jahr 1962 in der Sakristei des Tempels sichergestellt werden konnten. Dabei handelt es sich um miteinander kommunizierende Räume, die sich wahrscheinlich auch jenseits der heutigen Grenze am Ufer des Natisone Richtung Osten hin erstreckten. Ihre Lage ist offenbar auf im Laufe der Zeit stattgefundene Einstürze zurückzuführen.
Über dieser Bauschicht wurde dann ein mit einer Apsis versehenes Gebäude erbaut, das sich unmittelbar hinter der Kirche San Giovanni axial zu derselben befand. Der neue Bau wurde wahrscheinlich in ältere Räumlichkeiten eingegliedert, die neu verwendet und mit einem neuen Bodenbelag aus Opus signinum über dem ursprünglichen Mosaikboden versehen wurden.
Leider liegen zur Zeit keinerlei Anhaltspunkte vor, um den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem mit einer Apsis versehenen Gebäude und dem Bau des Tempels zu erkennen. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass die beiden Gebäude eine bestimmte Zeit lang nebeneinander bestanden.
Die Bodenbeläge des halbkreisförmigen Saals im mit Apsis versehenen Gebäude blieben nicht erhalten, zumal sie im Laufe der darauffolgenden Arbeiten auf diesem Gebiet vollständig abgetragen wurden. Spärliche Reste eines Beckens, das axial zur Mitte der Apsis stand, suggerieren, dass diese Räumlichkeit als Taufraum genutzt wurde. Zum Taufbecken führten anscheinend mit Mörtel aus Opus signinum verkleidete Stufen, die scheinbar sechseckige Grundfläche war anscheinend mit Marmorplatten versehen.
Faszinierend ist die Hypothese, wonach es sich dabei um ein sechseckiges Taufbecken und nicht um eine Nische für Reliquien handelt. Ein Hinweis darauf könnte ein sechseckiger Ziboriumsbogen sein, der im Archäologischen Museum ausgestellt ist und von seiner Form her dem Stil des Meisters ähnelt, der an der Verzierung des Taufbeckens im Dom, die vom Patriarchen Callisto in Auftrag gegeben wurde, gearbeitet hatte. Beide Arbeiten wurden zwischen dem vierten und fünften Jahrzehnt des 8. Jh.s vielleicht sogar vom selben Meister ausgeführt. Wenn dem so wäre, wäre die Existenz des Taufbeckens der Gastaldaga in der ersten Hälfte des 8. Jh.s bestätigt.
Das mit einer Apsis versehene Taufgebäude, das mit der Kirche San Giovanni in Valle verbunden ist, existierte für nicht allzu lange Zeit, zumal das Gebiet bereits gegen Ende des Hochmittelalters (vielleicht seit dem 10. oder 11. Jh.) zu einem Friedhof umfunktioniert wurde. Folgerichtig wurden Gräber zahlreicher Frauen verschiedenen Alters entdeckt.