Das sogenannte "Grab der Piltrude"
An der nörlichen Wand des Presbyteriums des Tempels sind zwei bildhauerische Fragmente aus langobardischer Zeit eingemauert, die wahrscheinlich aus dem dritten Viertel des 8. Jh.s stammen. Sie gehören zu einer Art Sarkophag, der wahrscheinlich im Mittelalter über dem Bodenbelag des Presbyteriums errichtet wurde. Laut den vorliegenden Überlieferungen waren im Sarkophag der Piltrude eben die sterblichen Überreste der Äbtissin Piltrude aufbewahrt. Daher rührt auch die Legende, dass das Kloster von Piltrude selbst gegründet wurde.
Eigentlich war Piltrude die Äbtissin eines anderen Klosters: Jenes von Salt di Povoletto nordwestlich von Cividale, das sie gemeinsam mit ihren drei Söhnen gründete. Diese waren adeliger langobardischer Abstammung und traten als Gründer weiterer bedeutender Klöster auf, darunter jenes im friaulischen Sesto al Reghena. Wie aus einem karolingischen Diplom hervorgeht, verschwand das Kloster von Salt offenbar bereits im Jahr 889. Demnach befand sich in Salt lediglich eine Zelle, die dem Kloster von Sesto al Reghena unterworfen war.
Es ist wahrscheinlich, dass die Ordensschwestern zu jenem Zeitpunkt bereits nach Cividale gezogen waren und dabei einen Teil ihrer Habseligkeiten und die sterblichen Überreste der ersten Äbtissin mitgenommen hatten.
Daher rührt auch die Verehrung, die auch in Cividale fortgeführt wurde sowie die besondere Verbindung zu den anderen Klöstern, die von Piltrudes Familie gegründet wurden. Suggeriert wird dies nicht zuletzt durch den Besitz und die Verehrung der selben Reliquien, wie jene der Hl. Anastasia.
Dabei bleibt unklar, wo die Verehrung von Piltrude ihren Ursprung nahm. Ihr Sarkophag scheint nach der Erhöhung des Bodenbelags des Presbyteriums angefertigt worden zu sein, die frühestens im 13. Jh. vorgenommen wurde, stammt aber wahrscheinlich aus einer viel späteren Zeit.
Der Sarkophag, der Mitte des vergangenen Jahrhunderts während der Restaurierungsarbeiten am Tempel abgebaut wurde, könnte auch eine Nachbildung eines älteren Sarkophags gewesen sein. Beim Abbau des Sarkophags wurden menschliche Gebeine von drei verschiedenen Personen sichergestellt, die in einem Kästchen unter dem Altar des Tempels endgültig beigesetzt wurden.
Die beiden bei der Realisierung des Grabes verwendeten Platten sind bedeutsame bildhauerische Zeugnisse aus der spätlangobardischen Zeit (drittes Viertel des 8. Jh.s), deren Verzierungsschemata jenen der Urne der Hl. Anastasia im Kloster von Sesto al Reghena äußerst ähnlich sind, selbst wenn der Helldunkelkontrast weniger stark hervortritt und die Eingravierungen weniger klar sind.